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27.01.2025
Gedenken in Biesenthal
Die Initiative „Bunt statt braun“ in Biesenthal hatte am vergangenen Sonntag, einen Tag vor dem Holocaust-Gedenktag, wieder auf den Biesenthaler Marktplatz eingeladen. Mehr als 150 Interessierte gingen mit auf einen Spaziergang durch die Biesenthaler Innenstadt, um an einigen Orten der früheren jüdischen Bewohner und Bewohnerinnen zu gedenken.

Seit einigen Monaten beschäftigt sich Elliot Müller mit den früheren Bewohnern der Stadt Biesenthal, die während des Zweiten Weltkriegs von den Nationalsozialisten vertrieben und vernichtet wurden. Auf Basis der umfangreichen Arbeit von Gertrud Poppe, der Stadtchronistin Biesenthals, konnte Elliot Müller schon über 100 Menschen recherchieren, deren Schicksal mit der Stadt auf tragische Weise verbunden ist.
In ihren Reden zum Gedenken an den Holocaust erinnerten Pfarrer Christoph Brust und Bürgermeister Carsten Bruch an die Opfer des Faschismus und betonten, wie wichtig die Beschäftigung mit der Geschichte des Nationalsozialismus und die Erinnerung daran ist.
Der Spaziergang führte vom Marktplatz über die Straße Am Markt, die August-Bebel- und Schulstraße in das evangelische Gemeindehaus, wo dann eine Ausstellung mit den bisherigen Ergebnissen der Forschung zu sehen war und ein kleiner Imbiss gereicht wurde.

Am Marktplatz im Haus der heutigen Apotheke lebten sieben Mitglieder der Familie Abraham, die – wie die meisten anderen jüdischen Bewohner Biesenthals – 1938 die Stadt verlassen mussten und nach Berlin zogen. Vier der Bewohner wurden 1943 in Auschwitz ermordet, ein weiterer im KZ Kauen/Kaunas (Litauen). Elliot Müller berichtete hier vor den Zuhörern über das, was man bisher über das Schicksal der Familie weiß. Im Anschluss daran wurde auf dem Pflaster vor dem Haus ein eigens dafür hergestellter Holzquader platziert, versehen mit den Namen und Daten der ehemaligen Bewohner. Eine weiße Blume wurde zum Gedenken hineingesteckt. Später soll an diesen Stellen Stolpersteine verlegt werden.
Eine weitere Verwandte von Familie Abraham wohnte ein paar Schritte weiter am Markt 3. Auch hier wurde eine kurze Information zu dem wenig bekannten Leben gegeben und auch hier ein Holzquader mit Blume vor das Haus gestellt. Die Bewohnerin des Hauses berichtete, dass ihre Mutter früher der Familie Abraham geholfen hatte und sie unter anderem mit Eiern und Brot versorgte. „Solche Hinweise aus der Bevölkerung helfen uns sehr! Hierüber ergibt sich ein sehr viel lebendigeres Bild und wir erfahren Details, die wir anders nicht erfahren könnten.“ freute sich Elliot Müller.
Die Familie Goldschmidt wohnte mit vier Menschen in der August-Bebel-Straße 10. An dieser Adresse befindet sich heute der Frisörladen „Hair and Beauty“. Und zwei weitere Frauen, Ilse und ihre Mutter Paula Wagler, wohnten in der Schulstraße.
Viele Menschen nahmen am Schluss der Veranstaltung einen kleinen Imbiss im evangelischen Gemeindehaus und Garten zu sich. Im Haus hatte die Initiative „Bunt statt braun“ bereits eine kleine Ausstellung mit den bisherigen Ergebnissen zusammengestellt und Elliot Müller beantwortete viele Fragen von Biesenthaler Bürgern zu ihren Nachforschungen. Die Initiative möchte in den nächsten Jahren das Projekt weiterentwickeln und auch den Stadtverordneten Biesenthals vorstellen. Zusammen mit der Stadt sollen Stolpersteine verlegt werden. Die Initiatoren freuen sich über weitere Hinweise zur Geschichte der Stadt und auch über Spenden für die Stolpersteine.
Wer etwas zur Geschichte Biesenthals teilen oder auch in der Initiative mitarbeiten möchte, kann sich gerne an die Mailadresse NS-Gedenken-Biesenthal@posteo.de wenden.
Die Initiative plant weitere Veranstaltungen in den kommenden Monaten, um weiter über ihre Recherche zu informieren und zur Mitarbeit einzuladen.
Elke Eckert
Inhaltliche Rückfragen zu einzelnen Biographien: Elliot Müller, 0177 964 9265