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29.08.08

Biesenthal – Pflasterdenkmal – Warum?

Denkmale sollen an Personen, Dinge oder Ereignisse erinnern, Denkmale für Personen auch, um sie zu ehren. Das Biesenthaler Kopfsteinpflaster zählt zu den Dingen, aber es war immer ein Ereignis, wenn man darüber fahren musste. Die Erinnerung daran und dadurch die Wertschätzung der Straßensanierung bewusst zu machen ist eines der Ziele des Pflasterdenkmals.

Mit der noch für Ende 2008 angekündigten Sanierung der Ruhlsdorfer Straße werden im Stadtgebiet von Biesenthal knapp 6½ km Kopfsteinpflasterstraßen verschwunden und durch Asphaltstraßen ersetzt worden sein. Auch das Verschwinden des ca. 150 Jahre alten Katzenkopfpflasters der Schulstraße und sein Ersatz durch Großsteinpflaster wie in der Grünstraße ist beschlossen.

Als die lange Durchgangsstraße durch unsere Stadt und die Bahnhofstraße vermutlich in den Jahren um 1910 ihr Großsteinpflaster erhielten, dürften unsere Urgroß- und Großeltern das als Erlösung vom Übel des bis dahin vermutlich überall in der Stadt vorhandenen unbequemen Katzenkopf-Pflasters und der immer wieder aufgeweichten oder im Sommer tiefgründig staubtrockenen Verbindung zum Bahnhof empfunden haben. Heute aber wird die Beseitigung dieser damaligen Errungenschaft als Erlösung empfunden – durch die Benutzer der Straßen und durch ihre Anwohner.

Das Verschwinden des Kopfsteinpflasters aus dem gesamten Hauptstraßenzug unserer Stadt stellt natürlich einen Verlust an historischer Eigenheit dar. Aber so wie z.B. keiner mehr auf die Idee kommt, Haushaltgegenstände und -geräte aus dem 19. Jahrh. für die tägliche Arbeit zu benutzen, so wenig wollen unsere Autos und Motorräder und erst recht nicht die der Durchreisenden (der Straßenzug ist eine Landesstraße!) über einen Straßenbelag aus dieser Zeit holpern.

Weil Natursteinpflaster andererseits aber ein wichtiges Element zum Erhalt des historischen Charakters des Stadtkernes ist, wird es im Rahmen des Sanierungsprogrammes Altstadt Biesenthal in den Nebenstraßen auch erhalten bzw. erneuert und in allen Stadtbereichen soviel wie möglich auf Nebenflächen eingesetzt. Das allein macht aber noch nicht die frühere Bedeutung dieser Straßenbefestigungsart für unsere Stadt deutlich.

Aus dieser Überlegung heraus ist die Idee des Pflasterdenkmals entstanden. Es soll sichtbar das Andenken ausdrücken, das wir an diese in vergangener Zeit in unserer Stadt vorherrschende Straßenbefestigungsart bewahren sollten, auch wenn wir sie nicht mehr überall gebrauchen können.

Das Pflasterdenkmal soll als ein kleines Symbol an bevorzugtem Standort nicht nur an die Kopfsteinpflasterstraßen in unserer Stadt, sondern zugleich auch im Barnim erinnern, und zwar auch dann noch, wenn weitere von ihnen aus praktischen Gründen verschwunden sein werden.

Mit dem Pflasterdenkmal errichtet die Naturparkstadt Biesenthal darüber hinaus ein Symbol für das in der Kulturlandschaft des Barnim, und nicht nur hier, von Menschen geschaffene landschaftsprägende Element der Kopfsteinpflasterstraßen.

Das Pflasterdenkmal soll ein Beitrag zur Erinnerung und gegen das Vergessen sein, das heute getreu der Redewendung „aus dem Auge aus dem Sinn“ immer schneller einsetzt. Es soll in der Gegenwart helfen, sich der miterlebten positiven Veränderungen immer wieder bewusst zu bleiben. Zugleich soll es heute und in der Zukunft an eine Form der „Lebensbedingungen“ erinnern, die das Leben in Biesenthal bis an den Anfang des 21. Jahrhunderts charakterisierten.

Außerdem zeugen wir mit diesem Erinnerungsstück indirekt auch dem einst noch stärker anerkannten und z.T. gut organisierten Berufsstand der „Pflasterer“, heute „Steinsetzer“ genannt, unseren Respekt.

Nicht zuletzt bietet das Pflasterdenkmal mit der Darstellung der Gesteinstypen des Pflasters und dem Versuch einer Antwort auf die Frage nach der Herkunft der Steine, die Gelegenheit, die Anliegen des Naturparks Barnim und auch des Geoparks Eiszeitland am Oderrand zu unterstützen.

J. Wasternack