Archiv

17.03.2005

Amtsdirektor fordert Mitspracherecht der Stadt Biesenthal

13. Stadtverordnetenversammlung Biesenthal (17.3.05)

Schlagworte: Amtsausschuss, Hartz IV, Internet, Landesentwicklungsplanung, Mobilfunkstation, Nutzungsvertrag Standesamt

Die Versammlung begann mit einem halbstündigen Vortrag des Amtsdirektors zur Problematik der Landesentwicklungsplanung. Wegen der Pläne der Landesregierung, der Stadt Biesenthal den Status eines Grund- bzw. Nahbereichszentrums zu entziehen, war die Tagesordnung kurzfristig erweitert worden. Mit den jetzt bekannt gewordenen Plänen sei das eingetreten, wovor er bereits gewarnt habe, sagte Hans-Ulrich Kühne. Er kritisierte, dass die Städte und Gemeinden bisher an der Diskussion nicht beteiligt wurden und bezeichnete die Vorgehensweise der Landesregierung in dieser Frage als „Gutsherrenpolitik“. Besonders problematisch sei, dass noch niemand wisse, mit welchen finanziellen Einbußen und sonstigen Nachteilen diese Herabstufung verbunden sei. Unter den jetzigen Voraussetzungen würde die Stadt ab 2007 etwa 13% weniger Landesmittel erhalten. Setzt man voraus, dass das Land weitere Einsparungen beabsichtigt, könne sich die Umlage noch einmal deutlich verringern. Auch der Schulstandort Biesenthal sei durch die Änderungen massiv gefährdet.

Kühne griff die Forderung des Städte- und Gemeindebundes nach einem öffentlichen Dialog über die Landesentwicklungsplanung auf. Der demografische Wandel könne von den Kommunen nicht gestoppt werden. Deshalb müssten Anpassungsstrategien entwickelt werden. Sämtliche Infrastruktur-Planungen seien einem „Demografie-Check“ zu unterziehen. Die Landesplanung müsse auf eine Ausweitung der örtlichen Entscheidungskompetenzen, verbunden mit einer Entbürokratisierung und einer besseren interkommunalen Zusammenarbeit, hinwirken. Stattdessen sei die Gemeindegebietsreform nicht zuende geführt worden und man habe auf eine notwendige Funktionalreform verzichtet.

Legt man die formalen Kriterien für die Erfüllung von überörtlichen Funktionen zugrunde, werden diese von Biesenthal überwiegend erfüllt. Aufgrund der Bildung des Amtes Biesenthal-Barnim mit inzwischen rund 12.000 Einwohnern, werde die Mindesteinwohnerzahl für die Bildung eines Nahbereichszentrums im Versorgungsgebiet der Stadt deutlich erreicht. Außerdem sei der Amtssitz innerhalb von weniger als 30 Minuten von allen angeschlossenen Orten zu erreichen. Als einziges Problem stelle sich dar, dass die sogenannten Mittelzentren Eberswalde und Bernau von Biesenthal aus ebenfalls in einer Reichweite von 30 Minuten liegen. Dies dürfe der Stadt aber nicht zum Nachteil gereichen. Schließlich würde der Kreis Barnim im Vergleich zu anderen Kreisen im engeren Verflechtungsraum von Berlin massiv benachteiligt. Barnim sei der einzige Kreis, dem überhaupt nur zwei Zentren zugestanden würden, während andere mehr als die eigentlich auf drei beschränkte Anzahl erhalten sollen. Wenn der Landkreis einen Anspruch auf ein weiteres Zentrum habe, dann komme nur Biesenthal in Frage.

Der Amtsdirektor berichtete, dass die Gemeinden des Amtes an einem gemeinsamen Positionspapier arbeiteten, das u.a. die Absicherung der Schulstandorte fordere. Er schlug vor, die mit der Stadtentwicklung befasste Lenkungsgruppe der Stadt Biesenthal kurzfristig mit der Beratung weiterer Schritte zu betrauen. In der anschließenden Diskussion äußerte sich André Stahl für seine Fraktion dahingehend, dass sich aus der Landesplanung zwar kein Anspruch der Stadt auf die gewünschte überörtliche Funktion ableiten lasse, aber die von der Stadt de facto wahrgenommenen Funktionen entsprechend honoriert werden müssten. Zum Glück sei Biesenthal aber nicht unmittelbar von der negativen demografischen Entwicklung der Berlin fernen Gemeinden betroffen. Langfristig müsse man sich seiner persönlichen Auffassung nach eher in Richtung der Wachstumszentren wie Bernau orientieren. Wolfgang Berg sagte, dass die SPD grundsätzlich die vorgeschlagenen Initiativen unterstütze. Allerdings habe Biesenthal seine Hausaufgaben noch nicht gemacht. Zum Beispiel sei die notwendige strukturelle Stärkung der beiden städtischen Schulen durch Zusammenlegung noch nicht erfolgt. Er bemerkte ferner, dass Biesenthal in der aktuellen Diskussion bessere Chancen gehabt hätte, wenn es sich bei der zurückliegenden Gebietsreform für die Bildung einer amtsfreien Stadt entschieden hätte. Dies wurde von Kühne zurückgewiesen. Nur durch die Amtsbildung sei die notwendige Einwohnerzahl von mindestens 10.000 Einwohnern für ein Nahbereichszentrum zustande gekommen. Im Ergebnis der Debatte wurde ein Zusammentreffen der Lenkungsgruppe in der Woche vor Ostern beschlossen.

Im Bericht des Bürgermeisters, der ebenfalls die geschilderte Problematik aufgriff, wurde im weiteren auf den Erfolg des Internetaufrittes der Stadt Biesenthal hingewiesen. So würden inzwischen durchschnittlich rund 40 Besuche pro Tag registriert. Er verwies auch auf das bestehende „Forum“, in dem Bürger und Stadtverordnete ihre Meinung kundtun können. Die Redaktion habe inzwischen dazugehörige Regeln auf der Seite veröffentlicht.

In der Stadt sind nach Angaben des Bürgermeisters jetzt 12 Arbeitskräfte nach dem „Hartz IV“-Gesetz für 1,10 Euro pro Stunde tätig. Diese werden in Absprache mit dem Träger in Biesenthal zur Verbesserung von Ordnung und Sauberkeit eingesetzt.

In der Fragestunde wollte Karl-Heinz Neu wissen, wer die Aufträge für diese Arbeiten auslöst. Thomas Kuther antwortete, dass in Abstimmung mit dem Amt acht bis neun Grundaufgaben festgelegt wurden. Wolfgang Berg fragte weiter, ob es infolge der Diskussionen um die Amtshofumlage inzwischen weitere Konsequenzen gebe. André Stahl verwies auf den Hauptausschuss. Die Kämmerin habe dazu berichtet und stand für Fragen zur Verfügung. Neu fragte nach, ob es außer dem Antrag des Schlossbergvereins weitere Bewerber auf die Ausschreibung zur Übernahme des Schlossbergareals gegeben habe. Dies wurde verneint. Der vorliegende Antrag sei vom Hauptausschuss bereits an alle Fraktionen zur Diskussion weitergereicht worden. Schließlich bedankte sich Neu für die Reparatur der Innenbeleuchtung des historischen Brunnens in der Altstadt.

Ohne weiteren Diskussionsbedarf wurden die nachfolgenden Beschlussanträge entsprechend den Empfehlungen der Ausschüsse behandelt. So wurde mehrheitlich dem Antrag stattgegeben, am Wukensee eine D2-Mobilfunkstation zu gestatten. Hierfür werden der Stadt aufgrund eines Rahmenvertrages Einnahmen entstehen. Der Betreiber hatte im Bauausschuss erklärt, dass nur die Antenne über die Baumwipfel rage und diese vom Strandbad Wukensee kaum wahrzunehmen sei.

Den Antrag auf Neuwahl eines der Fraktion PDS/Grüne zustehenden Amtsausschussmitgliedes begründete André Stahl mit der Tatsache, dass Margitta Mächtig aufgrund ihrer zusätzlichen Aufgaben im Landtag eine regelmäßige Teilnahme nicht mehr gewährleisten könne. Deshalb solle ihr jetziger Vertreter Dirk Müller als 1. Mitglied im Amtsausschuss gewählt werden und Margitta Mächtig als seine Vertreterin. Dies wurde anschließend in offener Abstimmung so bestätigt.

Mit dem Beschluss eines Nutzungsvertrages für die Nutzung des Trauzimmers im alten Rathaus der Stadt Biesenthal durch das Amt Biesenthal-Barnim wurde der öffentliche Teil der Sitzung geschlossen.

Im nichtöffentlichen Teil wurden Beschlüsse zu Grundstücks- und Personalangelegenheiten gefasst. (hr)