Archiv

2.10.07

„Es ist erreicht“

Sanierung Bahnhofstraße Biesenthal (11)

Bild 11-1
Bild 11-2
Bild 11-3
Bild 11-4
Bild 11-5
Bild 11-6
Bild 11-7
Bild 11-8
Bild 11-9
Bild 11-10
Bild 11-11
Bild 11-12

Zur Fotogalerie

In der Zeit als die Bahnhofstraße ihr Kopfsteinpflaster erhielt, schien für die Mehrheit der Deutschen die Existenz der kaiserlichen Monarchie noch nicht gefährdet und dieser Ausspruch „Seiner Majestät“ Wilhelms des II., möglicherweise nach einer damals „erfolgreichen“ Großmachtunternehmung gesprochen, befriedigte vielleicht viele. Kritische Journalisten, die auch damals schon existierenden Kabarettisten und vor allem Heinrich Mann im Roman „Der Untertan“ griffen aber die Worte auf und wendeten sie glossierend auf die etwas sehr auffällige Barttracht des Monarchen an. Der Begriff des „Es ist erreicht-Bartes“ für seinen Bart mit den langen, meist nach oben zeigenden Spitzen wurde geprägt.

Wegen des Bezuges auf die „kaiserliche“ Entstehungszeit der Kopfsteinpflasterung der Bahnhofstraße Biesenthal besteht, so meint der Schreiber dieser Zeilen, eine gewisse Berechtigung diesen Ausspruch auch auf das Ereignis des Unterganges dieser Pflasterung und ihres Ersatzes durch einen modernen Straßenbelag anzuwenden.

Es ist erreicht:

seit heute, dem 1. Oktober des Jahres 2007

hat der wichtigste Teil der Bahnhofstraße Biesenthal, nämlich der zwischen Stadt und Bahnhof, nach 121 Arbeitstagen von 5-Tage-Arbeitswochen (die etlichen Sonnabende nicht mitgerechnet) eine vollständige, ein ziemlich sanftes Fahrgefühl vermittelnde Decke aus einem komplizierten Gemisch von Bitumen und Gesteinssplitt, hier kurz „Asphalt“ genannt,

und nicht mehr eine lärmende, polternde Kopfsteinpflasterdecke, die Mensch und Maschine durchrüttelt und die bei Aldi eingekauften rohen Eier angebrochen zu Hause ankommen lässt.

Der Endspurt begann am 24.09., dem Montag der 39. Kalenderwoche, der letzten vor dem 30.09. Dieses Datum war der seit mehr als einem halben Jahr gesetzte Endtermin für die Sanierung der Bahnhofstraße.

Der rund 460 Meter lange letzte Sanierungsabschnitt zwischen Steinstraße und Schubertstraße lag an diesem Tag ausgekoffert, mit der Schotter-Frostschutzschicht und den Bordsteinkanten versehen bereit für die Arbeit der Schotterverlegemaschine und ihrer hier schon zum dritten Mal aktiven sechsköpfigen Mannschaft.

Schon nach wenigen Stunden bedeckte das Band der Schotter-Tragschicht (der Schicht, die die Asphaltschichten von unten her stützt), ein Viertel dieses letzten Abschnittes der Strecke zwischen Stadt und Bahnhof (Bild 11-1). Laufend kontrollierte der Bauleiter, Herr Wittstock, die richtige „Haltung“ der Verlegemaschine (Bild 11-2).

Als der Berichterstatter nach drei Tagen am Vormittag des Donnerstag dem 27.09. wieder auf die Baustelle kam, war der Unterbau dieses Abschnittes längst fertig, die nächste Tragschicht aus Asphalt und die notwendige Asphaltbindeschicht waren aufgebracht und die Maschine hatte gerade die nördliche Hälfte der Deckschicht von Ost nach West aufgedrückt und dort das schon in Benutzung befindliche Asphaltband des vorigen Abschnittes an der Einmündung Steinstraße erreicht (Bild 11-3). Sie wendete hier zum Start in die „Zielgerade“ setzte sie sich fast genau 11 Uhr zum Aufbringen der südlichen Hälfte der Fahrbahn in Bewegung (Bild 11-4). Es begann zu regnen. Das hinderte die Mannschaft nicht. Sie hatte sich die optisch eindrucksvollen Schutzjacken angezogen. Der Regen erzeugte vielmehr das stimmungsvolle Bild 11-5. Schon nach zweieinhalb Stunden näherte sich der Koloss, den „Asphalt-Futter“ bringenden 25-Tonner, wie immer langsamer als ein Spaziergänger geht, vor sich her schiebend seinem Ziel an der Einmündung Schubertstraße (Bild 11-6).

Um 13 Uhr 40, am 27. September 2007 „war es erreicht“.
Das Asphaltbandband war geschlossen.

Das Hochfahren der Begrenzungsplatten der Maschine (Bild 11-7) zeigte das Ende dieses letzten Arbeitsganges für das neue Straßenband an. Der Bauleiter der gesamten Sanierung und der Polier der Asphaltverlegemannschaft (v.re.n.li) ließen ein Foto zu, obwohl es noch kein Siegesbild sein konnte (Bild 11-8).

Denn noch stand zu dieser Zeit das Aufbringen der Deckschicht in den Mündungstrompeten der Nebenstraßen bevor. Das konnte aus technischen Gründen – der Asphalt musste genügend erkaltet sein, um befahren werden zu können – erst am nächsten Tag, Freitag dem 28.09. passieren.

Pünktlich beginnt dann an diesem Tag dieser allerletzte Akt. Aber schon in der zweiten Trompete an der Mündung der Karl-Marx-Straße schlug die Defekthexe wieder zu. Die Maschine streikte. Die Arbeiten mussten abgebrochen werden und die Behebung des Schadens musste mit vielen Telefonaten organisiert werden (Dank dem oder den Erfindern des Handy!). Die hoffnungsvoll begonnene Woche endete so mit einer ärgerlichen Enttäuschung.

Für die sonst oft von Überstunden geplagten Männer nahte also ein ungewollt früher Beginn des Wochenendes, leider erst mal verbunden mit dem schalen Gefühl, den „Kampftermin“ des 30.09. wegen des Versagens der Technik verpasst zu haben1). Offensichtlich waren aber alle Beteiligten bei Strabag daran interessiert, die Unterbrechung so kurz wie möglich zu halten. Und so wurde noch am Wochenende eine kleine Ersatzmaschine für das Auftragen der restlichen „Asphalt“-Flächen in den Trompeten der Karl-Marx-Straße, der Steinstraße und der Kiefernallee nach hier transportiert (Bild 11-9), sodass diese Arbeiten schon gestern, Montag den 1. Oktober in der Mitte des Vormittags erledigt waren.

Vielleicht wusste der Polier der Asphaltiermannschaft am Freitag Mittag wirklich noch nichts von dieser schnellen Lösung, jedenfalls erfuhr der Berichterstatter nichts davon und erst recht konnte er es auch nicht ahnen. So hatte er das Nachsehen und konnte den denkwürdigen Augenblick des allerletzten Auftragens von Asphalt zwischen Stadt und Bahnhof nicht fotographisch dokumentieren sondern nur das Ergebnis in der Trompete zur Kiefernallee aufnehmen (Bild 11-10).

Vielleicht ärgern sich die Verantwortlichen im Landesbetrieb für Straßenwesen wegen der beschädigten „Optik des Planerfüllungskalenders“ etwas. Aber: der kleine Verzug von einem Tag wird in wenigen Tagen vergessen sein, ist doch das Ende des Gesamtprojektes deutlich abzusehen, wie die zwei Bilder von den Erd- und Regenwasserkanalarbeiten jenseits der Bahn zeigen (Bild 11-11 u. 11-12).

Text und Bild: J.Wasternack (für die Ortschronik)

1) Der Berichterstatter weiß natürlich, dass dieses Datum für die gesamte Sanierungsstrecke bis zum Ortsausgang jenseits der Bahn galt. Sicher gilt aber den allermeisten Biesenthalern die Strecke von der Stadt bis zum Bahnhof wie das Ganze, und so können sie den versprochenen Termin als eingehalten sehen. Dass auch die Nebenanlagen (Fußweg Nordseite, Parktaschen u.ä.) zum gleichen Zeitpunkt fertig sind, war von vornherein nicht fest geplant.