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15.03.2022
Gemeindegipfel zum Stadtwald
Der vor etwa einem Jahr aufgestellte „Bürger:innenrat“ zum Biesenthaler Stadtwald traf sich am 18. und 19. Februar zum dritten und letzten Mal zu einem engagierten Austausch. Er besteht aus 19 repräsentativ ausgewählten Biesenthalerinnen und Biesenthalern. Ihre große Aufgabe: gemeinsam und wissenschaftlich wohlinformiert mögliche Zukunftspfade für den Stadtwald erörtern. Mit den Ergebnissen dieses Beteiligungsprozesses sollen die Stadtverordneten nun beim großen „Gemeindegipfel“ am 19. März beraten werden, denn diese wollen bald eine Entscheidung über ein zukünftiges Stadtwaldkonzept treffen. In dem einjährigen Verständigungsprozess wurden auch das Wissen und die Ansichten der Stadt und örtlicher Interessensgruppen schrittweise miteinbezogen – etwa von Jagdverbänden, Forstwirtschaft, Naturschutzvereinen, Reitsport, Kitas und Schulen.
Informiert von Lehrenden der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde wurde bei der letzten Runde des Bürger:innenrats ein möglicher Umbau des über 1.200 Hektar großen Stadtwaldes intensiv erörtert. Einhellig gewünscht wird perspektivisch ein Mischwald mit verschiedenartigen, standörtlich jeweils angepassten Laub- und Nadelbäumen. Dies würde den ökologischen Artenreichtum des Stadtwaldes befördern, seinen Wasserhaushalt besser schützen und ihn gesünder und widerstandsfähiger machen. Höhere Kosten für die Verjüngung von Laubbäumen könnten zunächst durch erhöhten Holzverkauf und Fördermittel gedeckt werden – sofern nicht allzu viele neue, kostspielige Zäune gegen den Verbiss von jungen Bäumen durch Rehe erforderlich werden. Ein fachgerechtes Monitoring soll rasch für Klarheit über das nicht eindeutige tatsächliche lokale Ausmaß von solchem Verbiss sorgen und die Jagdstrategien dementsprechend gezielt angepasst werden. Der Bürger:innenrat erwog auch weitere Naturschutzmaßnahmen – wie das Ausweisen von Biotopbäumen oder die Pflege von Waldaußen- und -innenrändern – und debattierte Vor- und Nachteile von denkbaren Einrichtungen im Wald für die Menschen in und um Biesenthal – etwa ein „grünes Klassenzimmer“ für Schulkinder, ein Bestattungswald, ein Wasserwandelpfad oder eine Hundeauslaufzone. Der Rat empfiehlt zudem eine intensivere öffentliche Kommunikation zum Wert und den Regeln des Stadtwaldes – als ein „Schatz der Heimat“, den es für zukünftige Generationen unbedingt zu bewahren gilt.
Beim Gemeindegipfel werden diese und weitere im Beteiligungsprozess entstandenen, fundierten Anregungen der Stadtverordnetenversammlung vom Bürger:innenrat vorgestellt und mit ihr offen diskutiert. Eingeladen sind ebenso die Vertretungen der beteiligten Interessengruppen sowie die sachkundigen Einwohnerinnen und Einwohner Biesenthals.
Danach sind die Stadtverordneten am Zug. Sie versprachen bereits, auf die erarbeiteten alternativen Zukunftspfade und die dazugehörigen Argumente – jeweils in Form von positiven und negativen möglichen Konsequenzen für Mensch und Natur – ausführlich und transparent einzugehen. Die Stadt wird ihre Entscheidung hinsichtlich der zukünftigen Stadtwaldgestaltung somit auf den Prozessergebnissen gründen. Darüber hinaus soll es in der Umsetzungsphase des neuen Waldkonzepts Informations- und Rückspracheangebote für die Biesenthaler Bevölkerung, eine konkrete Ansprechperson bei der Stadtverwaltung sowie jährliche öffentliche Waldbegehungen für Biesenthal geben.
Der Prozess zeigt als gelebte Demokratie eindrücklich, dass wohlinformierte, konstruktive Verständigung möglich ist und wertvolle Einsichten hervorbringen kann. Diese besondere Form der Beteiligung ermöglichte „einen Weg in die Gemeinschaft und einen gemeinschaftlichen Konsens für die Stadt,“ so eine Teilnehmerin. Von dem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Biesenthaler Leuchtturmprojekt sollen zukünftig auch andere Kommunen profitieren können. Der Abschlussbericht zum Projekt, die einzelnen Ergebnisse und viele weitere Projektinfos finden Sie unter www.civilog.de/waldbrandenburg.
Dr. Martin Kowarsch, Projektleiter